Warum ist eine Gestaltung zu Lebzeiten sinnvoll?

Erbschaften unterliegen der Erbschaftsteuer, Schenkungen der Schenkungsteuer. Die Schenkungsteuer wird im Wesentlichen nach denselben Regeln wie die Erbschaftsteuer erhoben.

 

Durch eine vorausschauende Planung und Gestaltung zu Lebzeiten kann vermieden werden, dass ein erheblicher Teil des Vermögens als Erbschaft- oder Schenkungsteuer an das Finanzamt geht. Wer seinen Erben hohe Steuern ersparen möchte, sollte im Rahmen der Nachlassvorsorge ein Testament errichten und zugleich die Erbschaftsteuer berücksichtigen. Insbesondere die geltenden Freibeträge, die sich aus dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz ergeben, sind dabei zu berücksichtigen.

 

Eine Schenkung zu Lebzeiten kann oftmals sinnvoll sein,wenn Erbschaftssteuern umgangen werden sollen. Durch wiederholte Schenkungen alle 10 Jahre unter Ausnützung der jeweils geltenden Freibeträge kann man Vermögen bereits zu Lebzeiten schenkungsteuerfrei vor allem auf Ehegatten, Kinder und Enkel übertragen.


Gibt es noch weitere Gründe?

Ja, für eine Gestaltung zu Lebzeiten sprechen nicht nur erbschaftssteuerliche Gründe. Eine lebzeitige Vermögensübertragung kann z.B. auch aus einkommensteuerlichen Gründen sinnvoll sein.

 

Ein Beispiel:

Die einkommensteuerliche Belastung der Eltern ist hoch, weil sie über ein hohes Einkommen verfügen. Sie übertragen deshalb ihren studierenden Kindern je eine vermietete Eigentumswohnung. Die Eltern müssen dann nicht mehr die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung versteuern. Diese Steuerlast trifft nun die Kinder. Da die Kinder aber einen wesentlich geringeren Steuersatz bedienen müssen (ggf. liegen die Einkünfte sogar unterhalb des Grundfreibetrages, sodass gar keine Steuern anfallen), lohnt sich diese Gestaltung oft. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei monatlichen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Verlust der Familienkrankenversicherung droht.

 

Aber auch wenn ein Sozialhilferegress droht, ist an eine Übertragung von Vermögenswerten zu Lebzeiten zu denken. So besteht bei geringen Alterseinkünften die Gefahr, dass im Alter Sozialleistungen in Anspruch genommen werden müssen. In derartigen Fällen versucht das Sozialamt regelmäßig, die erbrachten Leistungen zurückzuerhalten. Wurde jedoch die selbstgenutzte Immobilie bereits zehn Jahre vor Eintritt der Bedürftigkeit übertragen, ist der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ausgeschlossen. Das Sozialamt kann also den Rückforderungsanspruch nicht mehr auf sich überleiten. Zwar gehört das selbstgenutzte Haus bzw. die selbstgenutzte Eigentumswohnung generell zum Schonvermögen, wenn eine angemessene Wohnfläche nicht überschritten wird. Jedoch würde das Haus/die Eigentumswohnung in den Nachlass fallen und nach dem Gesetz für die erbrachten Leistungen der letzten zehn Jahre haften.

 

Eine (rechtzeitige) Übertragung zu Lebzeiten kann auch dazu dienen, ungeliebte Pflichtteilsansprüche zu reduzieren.


In welcher Höhe fallen Erbschafts- und Schenkungssteuern an?

Um zu erkennen, inwieweit Einsparpotenzial durch eine steueroptimierte Gestaltung zu Lebzeiten existiert, ist es wichtig, sich einen Überblick über die normalerweise anfallenden Erbschafts- und Schenkungssteuern zu verschaffen.

 

Die folgende Tabelle verdeutlicht, wie hoch die Erbschaftssteuern ausfallen:

Erwerb bis einschl. Steuerklasse I Steuerklasse II Steuerklasse III
 75.000 €  7 % 15 % 30 %
300.000 € 11 % 20 % 30 %
600.000 € 15 % 25 % 30 %
6.000.000 € 19 % 30 % 30 %
13.000.000 € 23 % 35 % 50 %
26.000.000 € 27 % 40 % 50 %
über 26.000.000 € 30 % 43 % 50 %

Und wenn man jetzt noch weiß, wer welcher Steuerklasse unterfällt (die hier genannten Steuerklassen haben nichts mit der Steuerklasse zu tun, die von der Einkommensteuer bekannt sind) und welche Freibeträge gelten, kann ganz leicht gerechnet werden.

Verwandtschaftsgrad Steuerklasse Freibetrag
 Ehegatten, Lebenspartner  I 500.000 €
Kinder, Enkelkinder (wenn deren Eltern verstorben sind), Stiefkinder, Adoptivkinder I 400.000 €
Enkelkinder I 200.000 €
Eltern, Großeltern I 100.000 €
Geschwister, Kinder der Geschwister, Stiefeltern, Schwiegerkinder, etc. II 20.000 €
alle anderen III 20.000 €

Ein Berechnungsbeispiel:

Der Ehemann S erbt von seiner verstorbenen Ehefrau Vermögen im Wert von 850.000 €. Da sich sein Freibetrag auf 500.000 € beläuft, unterfallen 350.000 € der Erbschaftssteuer. Anzuwenden ist die Steuerklasse I, sodass sich der Steuersatz auf 15 % beläuft (Erwerb von 300.000,01 € bis 600.000 €). S muss also Erbschaftssteuern in Höhe von 52.500 € an den Fiskus zahlen.


Wie erfährt das Finanzamt von einer Schenkung bzw. Erbschaft?

Personen, die durch eine Erbschaft oder durch eine Schenkung etwas erhalten, sind grundsätzlich verpflichtet, den Erwerb innerhalb von drei Monaten dem Finanzamt zu melden. Eine Anzeigepflicht obliegt auch den Nachlassgerichten, Standesämtern, Notaren, sowie auch den Banken und Sparkassen.

 

Wer eine solche gebotene Anzeige unterlässt, macht sich strafbar. Durch eine sinnvolle Gestaltung zu Lebzeiten kommt man erst gar nicht in Versuchung, etwas zu verschweigen.