Was ist eine Erbengemeinschaft?

Zu dieser Frage gibt das Gesetz eine Antwort. Dort heißt es:

 

"Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben."

 

Mehrere Erben bilden also eine Erbengemeinschaft, die auch nur gemeinsam über das weitere Schicksal des Nachlasses verfügen kann. Ist nur ein Erbe vorhanden, spricht man von dem Alleinerben.


Einmal Erbengemeinschaft - immer Erbengemeinschaft?

Nein, natürlich nicht.  Ziel der Erbengemeinschaft ist die baldige Aufteilung des Nachlasses unter den Miterben. Eine solche Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kann jeder Miterbe zu jeder Zeit verlangen. Am einfachsten und kostengünstigsten ist natürlich eine zeitnahe einvernehmliche Vereinbarung unter den Miterben bzgl. der Teilung des Nachlasses.

 

Vorsicht: Dabei sind ggf. Formvorschriften einzuhalten. So bedürfen z.B. Vereinbarungen über Grundstücke der notariellen Beurkundung.

 

Kann eine einvernehmliche Vereinbarung unter den Miterben nicht erzielt werden, stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. So kann versucht werden, über das Nachlassgericht als vermittelnde Stelle eine Einigung unter den Miterben zu erzielen. Derartige Vermittlungsversuche scheitern allerdings oft daran, dass ein Miterbe mit den Vermittlungsbemühungen des Nachlassgerichtes nicht einverstanden ist. Als letztes Mittel bleibt dem Miterben noch die Erhebung einer Erbauseinandersetzungsklage bei Gericht.


Wer verwaltet den Nachlass bis zu einer Aufteilung?

Die Miterben verwalten den Nachlass bis zu dessen Teilung nach dem Gesetz gemeinschaftlich. Natürlich besteht für die Erbengemeinschaft die Möglichkeit, einvernehmlich einem oder mehreren Miterben die Verwaltung des Nachlasses zu übertragen.Etwas anderes gilt aber, wenn der Erblasser in seinem Testament oder Erbvertrag die Testamentsvollstreckung angeordnet hat oder ein Nachlassverwalter bzw. ein Nachlassinsolvenzverwalter eingesetzt wurde. In diesen Fällen sind die Miterben von der Verwaltung des Nachlasses ausgeschlossen.


Was gilt, wenn in der Zwischenzeit Verwaltungsaufgaben erforderlich werden?

Hier ist zunächst zu entscheiden, wie dringend die Verwaltungsaufgaben sind.

 

Handelt es sich um so genannte   „außerordentliche“ Verwaltungsmaßnahmen, die für den Nachlass eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben (z. B. die Veräußerung eines Grundstücks) müssen alle Miterben die Maßnahme einvernehmlich absegnen.

 

Handelt es sich hingegen um so genannte „Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung“, genügt die Stimmenmehrheit der Miterben. Bei der Berechnung der Stimmenmehrheit wird nicht auf die Anzahl der Stimmen nach Köpfen abgestellt. Vielmehr wird die Größe der den einzelnen Miterben zustehenden Erbteile berücksichtigt. Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung sind solche, die aus der Sicht eines vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Betrachters dem Nachlassgegenstand gerecht werden und im Interesse aller Miterben „nach billigem Ermessen“ liegen. 

 

Wieder anders liegt der Fall, wenn es sich um notwendige Verwaltungsmaßnahmen handelt. All das, was notwendig ist, um den Nachlass insgesamt oder einzelne Teile zu erhalten (z.B. dringende unaufschiebbare Reparaturarbeiten an einem Haus) kann von jedem einzelnen Miterben ohne Mitwirkung der anderen Miterben vorgenommen werden.


Darf ein Miterbe seinen Anteil am Nachlass veräußern?

Ja, das ist möglich. Jeder Miterbe kann  über seinen Anteil an dem Nachlass verfügen. Der Vertrag, durch den ein Miterbe über seinen Anteil verfügt, bedarf dann aber der notariellen Beurkundung. Zu beachten ist, dass die die übrigen Miterben ein gesetzliches Vorkaufsrecht haben, wenn ein Miterbe seinen Anteil an einen Dritten veräußern möchte.

 

Nicht möglich ist allerdings, dass ein Miterbe über seinen Anteil an einem einzelnen Nachlassgegenstand (z.B. an einem Grundstück, das zum Nachlass gehört) verfügt.


Werden Zuwendungen ausgeglichen, die schon zu Lebzeiten des Erblassers erfolgten?

Ja, in bestimmten Fällen sind Zuwendungen des Erblassers, die bereits zu seinen Lebzeiten erfolgt sind, zwischen den Abkömmlingen (also den Kinder, Enkeln, Urenkeln usw.) auszugleichen. Dies gilt nach dem Gesetz nur unter Abkömmlingen (also nicht unter anderen Erben), und zwar dann, wenn mehrere Abkömmlinge des Erblassers gesetzliche Erben werden oder wenn der Erblasser seine Abkömmlinge zu gleichen Quoten in einem Testament oder einem Erbvertrag als Erben eingesetzt hat.

 

Ein Beispiel:

Der Vater übergibt seiner Lieblingstochter vor seinem Tod einen Betrag von 50.000 €. Wenig später verstirbt er und hinterlässt neben seiner Tochter einen Sohn. Seine Ehefrau war bereits vorverstorben. Der Nachlass hat insgesamt einen Wert von 500.000 €. Ein Testament oder Erbvertrag existiert nicht. In diesem Fall erfolgt die Ausgleichung wie folgt:

 

Auf den Wert des Nachlasses von 500.000 € wird der Wert der Zuwendung in Höhe von 50.000 € hinzugerechnet, sodass sich ein Wert von 550.000 € ergibt. Nach der gesetzlichen Erbfolge erben beide Kinder zu 1/2, mithin jeweils 225.000 €. Auf diesen Betrag muss sich die Tochter den Wert der Zuwendung von 50.000 € anrechnen lassen. Bei der Ausseinandersetzung erhält der Sohn daher 225.000 € vom Nachlass und die Tochter 175.000 €.


Welche Zuwendungen zu Lebzeiten unterliegen der Ausgleichspflicht?

Nach dem Gesetz betrifft dies vier Arten von Vorempfängen:

  • Ausstattungen
  • Übermaß an Zuschüssen
  • Übermaß an Aufwendungen für die Vorbildung zum Beruf
  • sonstige Zuwendungen, für die eine Ausgleichungspflicht angeordnet wurde.

Achtung:

Handelte es sich bei der Zuwendung zu Lebzeiten um ein Geschenk, so entsteht eine spätere Ausgleichspflicht nur, wenn der Erblasser dies bei der Schenkung nachweisbar angeordnet hat.


Sind auch Pflegeleistungen auszugleichen?

Nach dem Gesetz können Abkömmlinge verlangen, dass ihre Leistungen (z.B. Pflegeleistungen), die sie über einen längeren Zeitraum hinweg im Haushalt des Erblassers erbracht haben, beim Erbfall im Rahmen der Nachlassteilung unter Miterben ausgeglichen werden.

 

Ein Beispiel:

Die verwitwete Frau F hinterlässt 1 Sohn und eine Tochter. Die Tochter hat sich jahrelang vor dem Tod um F gekümmert und diese gepflegt. Die Pflegeleistungen hatten insgesamt einen Wert von 30.000 €. Der Nachlass der F hat einen Wert von 200.000 €. In diesem Fall erfolgt die Ausgleichung wie folgt:

 

Von dem Nachlass von 200.000 € wird der Wert der Pflegeleistung von 30.000 € abgezogen. Die danach verbleibenden 170.000 € werden entsprechend der gesetzlichen Erbquote unter den beiden Kindern aufgeteilt. Die Tochter erhält zusätzlich einen Ausgleichsbetrag für die Pflegeleistungen von 30.000 €.  Der Sohn erhält also 85.000 €, die Tochter  115.000 €.


Wie kann Streit unter den Miterben vermieden werden?

Es stehen zu Lebzeiten insbesondere folgende Gestaltungsmittel zur Verfügung, mit denen das Streitpotenzial einer Erbengemeinschaft anlässlich der Nachlassteilung entschärft werden kann:

  • Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker bestimmen, der sich nach seinem Tod um die Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses kümmert.
  • Der Erblasser kann die Auseinandersetzung für den Nachlass insgesamt oder über einzelne Nachlassgegenstände ausschließen.
  • Der Erblasser kann in seiner letztwilligen Verfügung Teilungsanordnungen treffen. Dies bedeutet, er nimmt (nachdem er zunächst die Erben und deren Erbquoten festgelegt hat) eine gegenständliche Verteilung von Nachlasswerten vor.
  • Der Erblasser kann ein Schiedsverfahren anordnen.