Was ist ein Behindertentestament?

Bei einem Behindertentestament liegt in der Regel folgende Konstellation vor: Die Eltern haben mehrere Kinder, von denen eines behindert ist. Die Eltern wollen sich zunächst gegenseitig und anschließend ihre Kinder erbrechtlich absichern. Erbt das behinderte Kind nach normalen Grundsätzen, besteht die Gefahr, dass der Sozialhilfeträger auf das geerbte Vermögen zugreift, soweit dieser dem behinderten Kind Sozialleistungen erbringt (was regelmäßig der Fall ist). Mit einem Behindertentestament soll

  • einerseits der Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das vererbende Vermögen möglichst vermieden werden und
  • andererseits soll das behinderte Kind nicht leer ausgehen, vielmehr soll ihm durch das Erbe etwas zugewendet werden, auf das der Sozialhilfeträger möglichst nicht zugreifen kann.

Beispiel: Der Vater V überlegt, den Zugriff des Sozialhilfeträgers auf ein etwaiges Erbe für seinen behinderten Sohn S dadurch zu begegnen, dass er den L schlicht und einfach testamentarisch von der Erbfolge ausschließt. Sollte V dies tun, könnte der Sozialhilfeträger gem. § 93 SGB XII allerdings den Pflichtteil des S geltend machen und auf sich überleiten.


Wie sollte ein Behindertentestament ausgestaltet werden?

Durch eine spezielle Gestaltung des Testaments lässt sich weitgehend erreichen, den elterlichen Nachlass dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu entziehen. Dies geschieht z.B. wie folgt:

 

Das behinderte Kind wird zum so genannten nicht befreiten Vorerben eingesetzt. Zum Nacherben beim Tod des erstversterbenden Elternteils wird der überlebende Elternteil bestimmt, bei dessen Tod die Geschwister. Die Anordnung der Nacherbfolge hat dabei zur Konsequenz, dass der Vorerbe den Nachlass nicht weitervererben kann. Zudem sperrt die Nacherbfolge den Zugriff von Gläubigern des Erben auf die Substanz des Nachlasses, im Fall des behinderten Kindes also den Zugriff des Sozialhilfeträgers.

 

Damit die Nutzungen des Erbteils ebenfalls dem Zugriff des Sozialhilfeträgers entzogen werden, wird die Vor- und Nacherbschaft durch Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung ergänzt. Dem Testamentsvollstrecker wird durch eine Anordnung zudem die Aufgabe übertragen, dem behinderten Vorerben aus den Erträgnissen des Vorerbteils Zuwendungen (z.B. Taschengeld, Geschenke, Urlaube) zukommen zu lassen, die wertmäßig unterhalb der sozialhilferechtlichen Zugriffsgrenze liegen.